Weit nach 22 Uhr am dritten Tag des Drafts betritt unser zweiter Vorsitzender, “The German Packer” Matthias Kraus, die Bühne in Green Bay mit der Vereinsfahne der Packers Germany e.V. In der rechten Hand hält er bereits die Karte mit dem Pick, den er nun auf seine unnachahmliche Art verkündet: “With the 198th pick in the 2025 NFL Draft the Green Bay Packers select Warren Brinson, Defensive Tackle, Georgia, LET’S GOOOO!!!!”.
Nach Barryn Sorrell und Collin Oliver macht das Frontoffice also in Runde 6 den Triple-Down in Sachen D-Line perfekt. Wie wir es schon gewöhnt sind, eint alle drei Spieler ein beachtlich hoher Relativ Athletic Score (RAS) – ein Steckenpferd von Brian Gutekunst. Warren Brinson reiht sich auch ein in eine lange Liste von defensiven Picks der letzten Jahre, die allesamt bei den Georgia Bulldogs ihre College-Karrieren verbracht haben: Javon Bullard (2nd 2024), Quay Walker (1st 2022), Devonte Wyatt (1st 2022) sowie Eric Stokes (1st 2021).
Wir dürfen uns also auf einen offenen Kampf um die vakanten Positionen in der D-Line freuen.
Eckdaten
Embed from Getty ImagesGeburtsdatum: 04.02.2002
Geburtsort: Savannah, Georgia
Größe: 1,96 Meter (6’ 5’’)
Gewicht: 143 kg (315lb)
Recruiting für’s College
- 4-Star Recruit (Defensive Tackle 30 landesweit) mit Angeboten namhafter Unis (Alabama, Clemson, Florida, etc.)
- Entschied sich letztlich für die heimische Uni in Georgia
- Nutzte das Covid Extra-Jahr um ein fünftes Jahr im College zu spielen
- Teilnahme auf Einladung am East-West Shrine Bowl
Leistungen am College
In der sechsten Runde einen Fulltime Starter zu ergattern ist eigentlich unmöglich. Auch Warren Brinson war das in seiner College-Karriere nicht. Aber er hat sich über die Jahre hochgearbeitet und es in der starken Georgia-Front zuletzt auf 8 Starter-Einsätze in 25 Spielen gebracht. Auch seine Snap-Zahlen stiegen signifikant. Insgesamt bringt er es auf 1197 Snaps in 57 College-Spielen.
Dabei stiegen seine relevanten Statistiken ebenfalls von Saison zu Saison. Insbesondere in der 2024er Saison trug er mit 26 Tackles, davon 6 für Raumverlust sowie 2 Sacks nicht unerheblich zum Erfolg der Bulldogs bei. Bemerkenswert ist dabei seine Versatilität: Von der 4i-technique Position bis zum Nose-Tackle wurde er überall eingesetzt und konnte seine Stärken insbesondere im Run-Block ausspielen.
Auch wenn seine Gesamt-Zahlen auf den ersten Blick niemanden vom Hocker reißen, liegt es im Auge des Betrachters, wie gut seine Leistungen wirklich zu bewerten sind. So belegte er im Overall Ranking von Draft Buzz nur Platz 308, während NFL.com ihn an 116 führte.
Athletik
Brinsons RAS von 9,1 ist wie so oft bei Packers Picks sehr hoch. Insbesondere seine schiere Masse von 315lb und seine Größe von 6’5’’ sowie seine Explosivität (Vertical Jump: 31’’, Broad Jump: 9’7’’) sind Elite Maße. Mit diesem Körper ist er natürlich nicht sonderlich schnell. Seine 5.09 Sekunden im 40 Yard Dash bei der Combine (10 Yard Split: 1,76 Sekunden) bewegen sich im unteren Bereich der Perzentile. Für seine Position und seine Art zu spielen ist dies aber erwartbar.
Stärken
Trotz seines massigen Körpers zeigt er immer wieder erstaunliche Athletik und Beweglichkeit. Mit diesen physischen Voraussetzungen ist er schon jetzt auf NFL-Niveau einsetzbar. Gleichzeitig verfügt er über gute Körper-Kontrolle, was es ihm ermöglicht, Balance zu halten und damit auch länger im Play zu bleiben, selbst wenn der erste Kontakt noch nicht zum Ziel führt.
Im anspruchsvollen Scheme von Georgias Coach Kirby Smart, dass sich durch hybride Front-Looks und kreative Line-Ups auszeichnet wurde Brinson sehr volatil eingesetzt. Er kann von innen bis außen überall in der D-Line aufgestellt werden. Besonders gegen den Run profitiert er von seinem guten Hand-Placement. Das erlaubt ihm auch immer wieder, sich von Blocks zu lösen und Lücken zu finden, um frühzeitig zum Rusher oder ab und an sogar zum Quarterback zu kommen.
Auch sein gutes Pad-Level hilft, die Kontrolle zu behalten und Cutback Lanes zu schließen. Dabei ist er sich nicht zu schade, auch außerhalb seiner eigentlichen play area weiter dranzubleiben.
Besonders hervorheben muss man auch seine Persönlichkeit. Er ist ein Vollprofi, der auch im Locker Room voran geht. Mit den von ihm mitorganisierten Football Camps und D-Line Clinics in seiner Heimatstadt Savannah bringt er sich auch gemeinnützig ein. Zudem zeichnet ihn eine Lockerheit und ein besonderer Humor aus, der in der Kabine sicherlich gute Stimmung verbreiten wird.
Das zeigte sich auch nach dem zweiten Gewinn des National Championships, als er einfach mal das Post-Game-Interview an sich riss:
Schwächen
Natürlich zeigt ein Sechstrunden-Pick immer Schwächen. So ist es auch bei Warren Brinson. Er hat beispielsweise nur ein sehr limitiertes Passrush-Arsenal was die Techniken angeht. Dadurch verlor er auch auf College Niveau regelmäßig, wenn der erste “Angriff” nicht von Erfolg gekrönt war.
Insgesamt blieb er in den über 1000 Snaps, die er spielte zu inkonstant, auch wenn sein Potential immer wieder aufblitzte. Dies lässt sich sicherlich noch stabilisieren. Spätestens jedoch, wenn es gegen Double Teams geht, zeigen sich seine Limitierungen klar. In kombinierten Blocks fehlt ihm der Anker und die Play Strength um sich durchzusetzen.
Gegen den Pass mangelt es Brinson insbesondere an Explosivität im ersten Schritt. Lücken in der Interior Offensive Line zu attackieren, könnte dadurch zum Problem werden.
Erwartungen
Selten schaffen es Defensive Linemen, die in der sechsten Runde gepickt wurden, sich im Team zu etablieren. Tyler Davis (#196 2024, LA Rams) oder Quinton Bohanna (#192 2021, Dallas Cowboys) sind Beispiele und vermutlich wird der geneigte Leser sich jetzt fragen: wer? Richtig, in den letzten paar Jahren findet sich kein D-Liner, der nicht Edge-Rusher ist mit ernstzunehmendem, dauerhaftem Impact.
Die Erwartungen sollten also nicht zu hoch gehängt werden. Dennoch wird Warren Brinson im Camp eine Chance haben, sich in die Rotation zu spielen. Seine Work Ethic und seine Versatilität könnten ihm einen Platz für Short-Yardage Plays sichern, auch ein Einsatz in den Special Teams ist sicherlich denkbar.
Ob Gutekunst hier nun einen Steal hingelegt hat, wird aber die Zeit zeigen müssen. Einen Sechstrunden-Pick in Brinson zu investieren, ist meiner Meinung nach jedenfalls absolut angemessen.
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