Wer hier nun die tiefgründige, analytische Aufarbeitung erwartet, den muss ich enttäuschen. Vielmehr ist es ein emotionaler, semi-analytischer Ansatz zur Frustbewältigung. Denn sind wir ehrlich: Hier hat eine Franchise mit einem der besten Quarterbacks aller Zeiten, so vielen Möglichkeiten und sich bietenden Chancen wohl ein ganzes Jahrzehnt verschenkt.
Das Aus in der Divisional Round zeigt abermals auf, dass diese Packers, Super-Bowl-Sieger von 2011, seit mehr als zehn Jahren zwar ein stabiles und oft sogar starkes Regular-Season-Team waren. Aber dann, in der Crunch Time, in den Momenten, in denen es zählt, zu oft versagt hat.
Das Ende einer Ära?
Was dieses Aus und eine weitere superbowl-lose Saison noch frustrierender macht, ist der Umstand, dass hier und jetzt wohl auch eine Ära enden könnte. Denn ein Abschied oder Karriereende von Aaron Rodgers scheinen wahrscheinlich. Ein Verbleib von Davante Adams fraglich. Die Motivation vieler anderer Leistungsträger könnte bei diesen Aussichten ebenfalls extrem leiden. Heißt nichts anderes als: Die Packers stehen womöglich sportlich vor einem krassen Neuaufbau, ohne Superstar-Franchise-Quarterback. Stattdessen mit der Perspektive, in den kommenden Jahren, wenn überhaupt, im Mittelmaß der NFL „mitzuschwimmen“.
Das wird meiner Leidenschaft für Green & Gold keinen Abbruch tun – ganz sicher nicht! Aber es löst jede Menge Unverständnis bei mir aus. Weil man aus einem Super-Bowl-Sieger mit besten Voraussetzungen eben viel zu wenig herausgeholt hat.
Woran das lag und liegt? Der aus meiner Sicht entscheidende Dreiklang des Scheiterns:
- Mike McCarthy
Viel früher hätte man getrennte Wege gehen sollen. McCarthy hat unglaublich viel für die Packers geleistet, das Team in seinen letzten beiden Jahren aber in diesen wenig dynamischen McCarthy-Modus versetzt. Hier wurde die Chance vertan, einen ernstzunehmenden Contender zu entwickeln, weil man dem SB-Coach die Nibelungentreue geschworen hat.
- Das Front Office
Man hat AR12, einen der besten Quarterbacks, der dieses Spiel je gespielt hat. Man hat und hatte immer wieder andere offensive und defensive Glanzlichter auf dem Feld. Aber man hat es nie geschafft, ein Team zu aufzubauen, das ähnlich wie die Patriots mit Belichick oder jetzt die Buccaneers mit Bruce Arians einfach alles daran setzt, Erfolg zu haben. Das diesen einen Fokus hat: den Super Bowl!
Das Front Office hat gerne häppchenweise aber nicht immer erfolgsstrategisch gedacht. So fehlte den Packers seit 2011 vielleicht nicht nur sportliches Potenzial, sondern eben auch der ein oder andere Spieler, der diesen unbedingten Siegeswillen mitgebracht hat. Die absolute Gier haben die Packers nämlich genau dann vermissen lassen, wenn es unbedingt darauf ankam. Siehe das Aus gegen die 49ers. Siehe das Aus ein Jahr zuvor gegen die Bucs. Über sich hinauszuwachsen war leider nicht die DNA der Packers-Roster der vergangenen Jahre. Und genau das ist den Machern im Hintergrund anzulasten!
- Aaron Rodgers
Es gab diese Tage, da hat Nummer 12 die Football-Fans mit seinem Spiel verzaubert. Nicht umsonst hat er sich den Spitznamen Houdini verdient. Doch schauen wir uns mal tief in die Augen! Sind wir ganz ehrlich zu uns selbst! Es gab auch diese Tage, an denen bei ihm nicht viel lief. An denen man eigentlich erwartet hätte, dass dieser Superstar das Heft des Handelns in die Hand nimmt und der Leader ist, der er sein sollte. Ganz bestimmt lag es an diesen weniger magischen Tagen nicht nur an ihm, sondern genauso an der Gesamt-Performance. Und doch werde ich das Gefühl nicht los, dass Rodgers gerade auch in den Playoffs oft nicht auf dem Niveau gespielt hat, auf dem er eigentlich spielen kann. Denn muss ein Sportler dieses Kalibers und mit diesen Möglichkeiten nicht gerade dann mitreißen, führen, fordern und über sich hinauswachsen, wenn es am wichtigsten ist!?
Packers-Fans brauchen Geduld
Das alles ist vielleicht primär oberflächlich und eben nicht bis aufs letzte Detail analysiert – auch aus dem Frust heraus. Und ja, ganz sicher fehlen andere Gründe und Argumente. Aber vielleicht geben diese drei Gründe zumindest Anhaltspunkte dafür, warum man elf Jahre nach dem Super-Bowl-Erfolg nun erst recht noch eine ganze Weile warten muss, bis die Lombardi Trophy endlich wieder nach Green Bay zurückkehrt.
Es sollte eigentlich ein Vierklang des Scheiterns sein.
Der vierte Grund sind die 49ers!
Weil es eben Rodgers nie überwunden hat dass diese damals Alex Smith an #1 overall gepickt haben und er deshalb an #24 zu den Packers fiel.
Vor jedem PO – Spiel gegen die Niners kommt es wieder hoch.
Auch der Spruch von A-Rod damals als er sagte:
„Die 49ers werden es noch mehr bereuen mich nicht an #1 geholt zu haben als ich mich geaergert habe an #24 zu fallen“. Rache ist halt ein schlechter Ratgeber.
Jetzt steht er 0 & 4 gegen San Fran und hat den unrühmlichen Rekord als einziger QB in der Geschichte der NFL vier Play-Off Spiele gegen ein und dasselbe Team verloren zu haben. Das nimmt ihm so schnell keiner mehr. Zumindest nicht in Green Bay Wisconsin.
Ich würde den zweiten Punkt noch um die Causa „Ted Thompson“ ergänzen. Sicher, es ist keine einfach Entscheidung, einen so erfolgreichen GM aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen aus der Verantwortung zu nehmen, aber es wäre sicherlich 1-2 Jahre vorher notwendig gewesen. Auch seine Haltung zum Thema Free Agents haben nicht unbedingt geholfen.
Hallo, grün – goldene Gemeinde,
vielleicht liegt der Grund des Scheiterns gerade im Focus, welcher auf Rodger liegt. Wenn der Gegner es schafft Rodgers permanent zu stressen und zu stellen, wird es auch für ihn schwer entsprechend unbeeindruckt zu zaubern. Bestes Beispiel war die (unnötige) Niederlage gegen die 49ers. In solchen Spielen hat mir oft die Aussage der Mannschaft gefehlt: „Wenn ihr AR aus dem Spiel nehmt, dann rocken wir eben das Ding!“. Umso bitterer fand ich es, weil das Team eigentlich dazu in der Lage ist. Man hat es im Spiel unter QB Love gesehen. Es wurde zwar verloren, trotzdem hat man deutlich gesehen wie das Team für ihren Rookie QB kämpfte und ihm einen ordentlichen Einstand ermöglichte.
Über die ganze Saison hinweg war ich von den Special Teams enttäuscht. Im Kollegenkreis hatte ich bereits orakelt, dass wenn wir in den Play Offs scheitern, wohl ein Grund dafür die „Specials“ sein werden. leider hat sich das bewahrheitet. Wenn wir ehrlich sind hat sich das über die Saison hin angedeutet. Zu viele leichtfertige Fehler wurden gemacht. Die in Summe sehr gute Regular Season hat darüber hinweggetäuscht, dass Spiel in den Play Offs dagegen brutal gezeigt wo die Schwächen liegen.
Vielleicht wäre ein Abgang von Rodgers (mein Herz würde bluten, bin ein glühender Fan von ihm) auch eine Chance. Sicherlich würde dies unweigerlich zu einem Neuaufbau der Mannschaft führen müssen. Ohne Rodgers wird Adams definitiv auch nicht zu halten sein. Andererseits ergeben sich so auch wieder finanzielle Spielräume. Auf jeden Fall haben und hatten wir die Ehre in einer Zeit mit absoluten Ausnahmesportlern immer auf Augenhöhe zu agieren. Wie sich die Liga nach dem Abgang einiger Größen entwickeln wird werden wir sehen.
In diesem Sinne – Go Packers Go – und viele Grüße aus Thüringen