Prolog
Wenn man die Spitznamen von John McNally recherchiert, findet man neben Johnny Blood und anderen auch das ein oder andere Mal den Namen “Peter Pan” – das Kind, das niemals erwachsen wird. Grund dafür ist wohl insbesondere, dass Johnny oft einfach das machte, wonach ihm der Sinn stand – das Erwachsenwerden fiel wohl nicht in diese Kategorie. Doch der Reihe nach.
I did get money from my family later, but they never trusted me with it until I was 55.
Johnny Blood – laut John Maxymuk
(Quelle: https://lombardiave.com/2015/07/20/green-bay-packers-55-days-to-football-remembering-johnny-blood-mcnally/2/ )
The Tale of Blood & Sand
Johnny wurde im Jahr 1903 in New Richmond, Wisconsin als Sohn einer wohlhabenden Familie geboren. Seinen High School Abschluss hatte er bereits 1917 in der Tasche – mit 14 Jahren. Statt Football zu spielen hatte er seine Nase bislang lieber in Bücher und Gedichtbände gesteckt! Erst in seinen verschiedenen College-Station (Wisconsin, Minnesota, Indiana (Notre Dame)) versuchte sich der inzwischen zum Athleten gereifte junge Mann an Football, Baseball, Basketball und Leichtathletik.
Mit dem Versuch frühzeitig in den semi-professionellen Football zu gelangen, verpasste sich Johnny den Namen Blood kurzerhand selbst. Er und sein Kumpel – Ralph Hansen – wollten sich in ein Probetraining in Minneapolis schmuggeln, wo sie hofften die Coaches zu überzeugen. Da McNally zu dieser Zeit noch berechtigt gewesen wäre, am College Football zu spielen und diese Erlaubnis mit dem Einstieg in die Mannschaft verloren hätte, musste eine neue Identität her. Auf ihrer Fahrt entdeckte Johnny ein Kinoplakat zum Film “Blood and Sand” und entschloss, dass sie ab sofort Johnny Blood und Ralph Sand heißen. Fortan war er in der Football-Welt Johnny Blood – ein Name der ihn in seiner 14-jährigen NFL-Karriere und weit darüber hinaus begleiten sollte.
“That’s it. You be Sand. I’ll be Blood.”
Johnny Blood – laut Pro Football Hall of Fame
(Quelle: https://www.profootballhof.com/players/john-blood-mcnally/ )
Auch wenn Johnny in Minneapolis bereits als Johnny Blood Football spielte, blieb er ein weiteres Jahr am College, bevor er 1925 letztendlich in der NFL landete. Bevor er ein Green Bay Packer wurde, machte er Zwischenstopps bei den Milwaukee Badgers (1925-26), den Duluth Eskimos (1926-27) und den Pottsville Maroons (1928). Erst 1929 kam Blood im zarten Alter von 26 Jahren zu “Curly” Lambeau – der gerade seine Spielerkarriere beendet hatte – und den Green Bay Packers, wo er seine mit Abstand erfolgreichste Zeit erleben sollte.
Der Vagabund findet ein Zuhause
Insgesamt spielte Johnny Blood 7 Jahre für die Green Bay Packers (1929–1933, 1935–1936), in denen er 4 NFL Championships gewann (1929–1931, 1936). In dieser Zeit trug Johnny einige verschiedene Nummern: 14 (1933–34), 20 (1931–32), 24 (1929–30), 26 (1935), and 55 (1936).
1934 hatten die Packers Blood an die Pittsburgh Pirates abgegeben, nachdem er im November zuvor durch Disziplinlosigkeiten und schlechte Fitness aufgefallen war. Dort war er allerdings aufgrund von Verletzungen wenig erfolgreich. Da er unbedingt zurück nach Green Bay wollte – vielleicht auch um es Lambeau noch einmal zu beweisen – schloss er sich bei Freundschaftsspielen im September 1935 zwei Gegnern der Packers an. Mit Erfolg – kurz darauf nahmen in die Packers wieder unter Vertrag!
Neben den oben genannten Zeiträumen schloss sich “The Vagabond Halfback” 1945 (er war von 1941-45 bei der Army) wieder den Green Bay Packers an, um im Alter von 42 Jahren noch einmal das Comeback zu versuchen – doch abgesehen von einem Freundschaftsspiel gegen Pittsburgh gab es für Johnny aufgrund einer Verletzung und dem anschließend verkündeten Ruhestand keine Einsätze mehr.
Erfolge, Auszeichnungen und Statistiken
Wie in der “Iron Man Era” üblich spielte Blood, der offiziell als Halfback geführt wird, eine Vielzahl von Positionen: Wide Receiver, Running Back, Quarterback, Punter, Returner und Cornerback. Da es mit Statistiken aus dieser Zeit leider etwas schwierig ist, findet man je nach Quelle komplett unterschiedliche Daten.
Auf packers.com werden inoffizielle / unvollständige Daten von “The Football Encyclopedia” aufgeführt. Dort stehen für Blood 2.429 Yards Receiving Yards, 33 Interceptions. Laut “Packers by the Numbers: Jersey Numbers and the Players Who Wore them” sollen es sogar 40 sein) und die Auszeichnung als 9.-bester Punter seiner Zeit zu Buche. Die offizielle Seite der Pro Football Hall of Fame kommt auf folgende Statistiken:
- Spiele: 137
- Rushing: 120 Attempts, 386 Yards, 5 TDs
- Receiving: 67 Receptions, 1117 Yards, 37 TDs
- Passing: 24/70 für 299 Yards, 4 TDs und 5 Interceptions
- Sonstiges: 5 Interception Return TDs, 1 Kickoff Return TD, 1 Punt Return TD
In einer Zeit, in der die Offenses der professionellen Football-Teams noch komplett anders aussahen und man von High-Scoring-Games wie heute nicht zu träumen wagte, sind das absolut beeindruckende Werte – insbesondere als Receiver.
Spätestens das Lob einer unserer größten Erzrivalen, der Bears-Trainerlegende George Halas macht deutlich, welch großen Respekt die gegnerischen Teams vor dem Playmaker in Offense, Defense und Special Teams hatten:
“The Packers had a lot of great players, but until (Don) Hutson came along, Johnny Blood was the one guy who could beat you with one big play,” former Chicago Bears coach George Halas
George Halas – laut Cliff Christl
(Quelle: https://www.packers.com/history/hof/john-blood-mcnally)
Die angesprochene Packers-Legende Don Hutson, der zu Beginn seiner Karriere noch zwei Jahre mit Blood spielte, konnte dem nur zustimmen:
“I never saw a fellow who could turn a ball game around as quickly as Johnny Blood”
Don Hutson – laut Cliff Christl
(Quelle: https://www.packers.com/history/hof/john-blood-mcnally)
Folgerichtig war Johnny Blood sowohl ein Gründungsmitglied der Pro Football Hall of Fame im Jahr 1963 als auch der Packers Hall of Fame im Jahr 1970. Neben etlichen weiteren Auszeichnungen ist Johnny zudem Mitglied des NFL 1930s All-Decade Teams.
Die private Seite von Johnny Blood
Aufgrund seines wohlhabenden Elternhauses musste Johnny sich nie große Sorgen um seine Zukunft machen und konnte das Leben recht unbeschwert angehen – den Freiheitsgedanken immer im Vordergrund.
“I wanted a life in which I could do something I enjoyed and still have leisure to do other things I enjoyed. Football was an escape, certainly, but an escape into something I enjoyed. In the off-season I would ship out to the Orient as an ordinary seaman and enjoy the beauty of the Pacific Islands. Or I would winter on Catalina Island off the coast of Los Angeles. Understand, I was not afraid of work. I had sufficient energy that work did not bother me at all. I was a hard worker. To me, freedom did not mean being able only to do the non-difficult but rather to do what I chose to do. One winter in Catalina I worked three shifts. I worked in the brickyard all day, making bricks. I worked the next eight hours in a gambling hall as a bouncer. And the next eight hours I ‘honeymooned’ with a redhead.”
Johnny Blood – laut packershistory.net
(Quelle: https://lombardiave.com/2015/07/20/green-bay-packers-55-days-to-football-remembering-johnny-blood-mcnally/2/ )
Johnny war, wie viele Footballspieler zu seiner Zeit, den schönen Dingen des Lebens keinesfalls abgeneigt und ließ keine Gelegenheit aus ,zu flirten oder sich ein Gläschen zu genehmigen. Es entstand das Gerücht, dass Curly Lambeau bei den ersten Vertragsverhandlungen mit Blood ihm $110 pro Woche angeboten hat, wenn ab Donnerstag bis zu den Spielen kein Alkohol anrührt. Trinkt er doch, bekommt er nur $100. Angeblich schlug Blood die $110 aus und entschied sich für Option 2. Etwas später hieß es dann, Lambeau hätte ihm für seine Ehrlichkeit dann doch die $110 gegeben.
Wie so vieles in Johnny Bloods Leben klingt das mehr nach einer Filmgeschichte als dem wahrem Leben. Aber auch das macht den Mythos Johnny Blood aus. Es ranken sich bis heute viele Geschichten um den Peter Pan des Footballs, bei denen man teilweise wohl nie erfahren wird, was genau vorgefallen ist. Und das ist vielleicht auch ganz gut so. Schaut man sich sein schelmisches Grinsen an und hört die Geschichten von ihm und Clarke Hinkle, kann man sich aber gut vorstellen, dass mehr wahr ist, als man vermuten würde.
Ein paar der angeblich bestätigten Geschichten:
- Um im Zug einer Handtuchschlacht mit Lavvie Dilweg zu entgehen, kletterte Johnny auf den schnell fahrenden Zug, arbeitete sich bis zur Lok und unterhielt den Lokführer und seine Arbeiter den Rest der Fahrt.
- Er machte Klimmzüge am Fahnenmast eines Kreuzfahrtschiffes und musste von seinen Mannschaftskameraden gerettet werden.
- Um einer Dame mit dem Rezitieren von Gedichten zu imponieren, kletterte er die Fassade eines Hotels in Chicago hinunter, da zu dem Zeitpunkt bereits eine Ausgangssperre galt.
- Auf dem Weg zum Training Camp wollte Blood wohl ein paar Cents sparen und reiste im toten Winkel zwischen den Zugwagons. Die Konsequenz: sein Spitzname “The Vagabond Halfback”.
- In seiner Zeit als Spielercoach in Pittsburgh hatte er wohl etwas lange Ausgang und verpasste den Zug. Kurzerhand parkte er sein Auto auf den Gleisen, um den Zug zum Stehen zu bringen – angeblich selbst darin sitzend. Der Plan funktionierte, der Zug hielt, Blood stieg ein. Eine Strafe? Gab es nicht, er war der Coach.
Angemerkt sei, dass wir keinen Zugriff auf die Quellen haben.
Wenn ihr euch mehr mit Johnny Blood beschäftigen möchtet, findet ihr viele weitere Geschichte (bspw. auf Wikipedia ) .
Epilog
Wie alle schönen Geschichten, muss auch die Geschichte von Johnny Blood einmal enden. Am 28. November 1985 – nur einen Tag nach seinem 82. Geburtstag – verstarb Johnny Blood letztendlich als John Victor McNally in Palm Springs, California.
Passenderweise hatte Johnny 1971 mit dem Boxer Augie Ratner darum gewettet wer früher stirbt. Der “Gewinner”, also derjenige der länger lebt, soll $1.000 vom Verschiedenen erhalten – quasi als Trostpflaster für den Verlust. Ihr dürft dreimal raten wer diese Wette am Ende gewonnen hat.
Auch wenn wir leider keine Gelegenheit hatten Johnny Bloods herausragendes Talent auf dem Football Field zu bestaunen, so bleibt uns seine Statue auf dem Packers Heritage Trail und die vielen Geschichten eines Originals in den Anfängen der NFL erhalten.
“Even when Johnny does the expected, he does it in an unexpected way.”
Marguerite Streater McNally – laut Pro Football Hall of Fame
(Quelle: https://www.profootballhof.com/players/john-blood-mcnally/ )
THE END
Der Artikel wurde von Christian geschrieben.