Vince Lombardi: Die Packers im Rausch

Sein Name ist Legende. Die wichtigste Trophäe des Football ist nach ihm benannt. Er hat die Packers zurück auf die Landkarte gebracht und Titletown erschaffen. Vince Lombardi war die Macht in den 1960ern und ist bis heute eine Legende. Nach dem wir im ersten Teil seine frühen Jahre bis zur Ankunft in Wisconsin betrachtet haben, beleuchten wir im zweiten Teil seine Zeit in Green Bay.

Die Packers 1958

Green and Gold 1958 war ein Desaster. Zum elften Mal in Serie gelang den Packers kein Winning Record und mit 1-10-1 spielten sie die (bis heute) schlechteste Saison. Für Ray McLean, als Spieler viermal Meister mit den Bears, war es die erste und letzte volle Spielzeit als Headcoach. Und das, obwohl die Packers ein unfassbar talentiertes Team hatten. Acht künftige Hall of Famer (Bart Starr, Paul Hornung, Jim Taylor, Forrest Gregg, Jerry Kramer, Ray Nitschke, Bobby Dillon, Jim Ringo) waren bereits Teil der Mannschaft.

Aber nicht nur auf dem Feld passte es nicht. Auch abseits standen die Vorzeichen nicht gut. Lediglich 30.000 Zuschauer kamen im Schnitt zu den vier Heimspielen im gerade neuerbauten City Stadium und die beiden Heimspiele in Milwaukee waren noch schlechter besucht. Das schlug sich finanziell nieder und die Franchise hing am seidenen Faden. Die Packers waren auf der Suche nach dem Retter.

Season 1959

Mit Lombardi kam ein neuer Wind in die Franchise. Als GM und Headcoach zugleich übernahm er das Kommando und traf einige unpopuläre Entscheidungen. So tradete Lombardi Billy Howton, einen der besten Receiver der 50er Jahre, zu den Browns, entließ Quarterback Babe Parilli und setzte den erst 1959 (kurz vor seiner Ankunft) gedrafteten Runningback Alex Hawkins noch vor der Saison vor die Tür. Im Gegenzug holte er mit Emlen Tunnell und Henry Jordan zwei spätere Hall of Famer nach Green Bay.

Gleichzeitig impfte Vince Lombardi seiner Mannschaft  einen unfassbaren Siegeswillen ein. „I have never been on a losing team, gentlemen, and I do not intend to start now!“ – mit diesen Worten begrüßte er seine Mannschaft zum Training Camp. Das Klima auf dem Rasen war streng und er verlangte von seinen Spielern viel ab. Oder um es mit Tunnell zu sagen: „Er behandelte uns alle gleich – wie Hunde!“ Vor allem aber lebte Lombardi seiner Mannschaft vor, jedes Spiel zu gewinnen und jedes Training ernst zu nehmen. Im Gegenzug schaffte er für das Team bessere Rahmenbedingungen. Getreu dem Motto „You can’t  be a winner unless you feel like one“. Den Packers fehlte es an nichts und sollte es auch in Zukunft nicht mehr.

Wenngleich die Methoden, gerade auf dem Trainingsplatz, und die Art der Kommunikation von Lombardi häufig kritisiert wurden, so gab ihm der Erfolg Recht. Die Packers starteten mit einem 9:6 gegen die Bears in die Saison und trugen den Coach auf Schultern. Am Ende war es mit 7-5 die erste Winning Season seit 1947. Lombardi wurde im selben Jahr Coach of the Year.

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Das erste Championship Game

In der Jubiläumssaison der Packers (die 40. in der NFL) griff Green and Gold dann an. Verstärkt mit den späteren Pro Bowlern Tom Moore und Bob Jeter festigte sich die Mannschaft weiter. Trotz eines verpatzten Starts mit einem 14:17 in Chicago, gelang eine 8-4 Saison. Moore wurde bester Kickoff-Returner der Liga und Paul Hornung setzte mit 176 Punkten einen Rekord, welcher fast 50 Jahre halten sollte. Erst LaDanian Tomlinson sollte diesen 2006 brechen.

Und so zogen die Packers erstmals seit 1944 ins Championship Game ein. Dort bekamen es Green and Gold mit den Philadelphia Eagles zu tun, welche am Ende knapp mit 17:13 siegten. Der letzte Angriff wurde ein Yard vor der Endzone gestoppt. Nach dem Spiel sagte Lombardi zu seinem Team: „This will never happen again. You will never lose another championship.“ Er sollte damit bis zum Ende seiner Zeit in Green Bay rechtbehalten. Ob er seinen Runningbacks wirklich gesagt hat, dass es ein persönlicher Affront wäre, wenn sie in Zukunft nicht aus einem Yard in die Endzone kämen, ist nicht zweifelsfrei festzustellen. Zuzutrauen wäre es dem großen Coach aber.

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Die Championships 1961 und 1962

Zur Saison 1961 verstärkten die Packers ihr Team weiter. Mit dem späteren Hall of Famer Herb Adderley, dem unfassbar wichtigen Tackle Ron Kostelnik sowie Back Elijah Pitts kamen wichtige Bausteine der folgenden Erfolge. Die Saison begann mit einer Niederlage, doch danach pflügten die Packers förmlich durch die Saison. Die nächsten sechs Spiele wurden deutlich gewonnen, ehe man von den Colts geerdet wurde. Am Ende stand eine 11-3 Bilanz. Der Gewinn der NFL Western Conference war im Endeffekt seit Woche elf eingetütet.

Bemerkenswert dabei: Die Packers hatten einige Störfaktoren zu verarbeiten. Zum einen fiel mit Jerry Kramer der wichtigste Baustein der O-Line ab Woche sieben aus und Paul Hornung, der später MVP werden sollte, wurde zum Wehrdienst eingezogen. So fehlte der Golden Boy unter der Woche und wurde extra zu den Spielen eingeflogen.

Im Championship Game wartete dann Lombardis alte Liebe, die New York Giants. Die Packers, Finalist 1960, ließen den Gästen, Finalisten 1958 und 1959, keine Chance und überrannten sie ab dem zweiten Viertel. Am Ende hieß es 37:0, Hornung erzielte alleine 20 Punkte. Es war eine Demonstration der Stärke, zu was die Packers unter Vince Lombardi fähig sein sollten. Dies wurde erst im Jahr darauf deutlich. 1962 verloren die Packers nur in Detroit, gewannen sonst alle 14 (inklusive Championship Game) Spiele des Jahres. Mit 16:7 wurden erneut die Giants besiegt, diesmal in New York.

Unglücklich in 1963 – oder doch nicht?

Recht unglücklich verlief die Saison 1963. Die Packers mussten ohne Paul Hornung wegen einer Sperre auskommen und dazu verletzte sich Bart Starr, fiel einen ganzen Monat aus. Dennoch gelang den Packers ein 11-2-1-Record. Doch ausgerechnet die Niederlagen gegen die Bears und das Remis gegen Detroit besiegelten das erste Pre-Playoff-Aus seit drei Jahren.

Viele Beobachter führen die Saison auf zwei Dinge zurück. Zum einen fielen mit Hornung (aufgrund einer Sperre) und lange Zeit Starr wichtige Spieler aus, zum Anderen spielten die Bears eine überragende Saison. Doch Coach Lombardi wäre nicht Coach Lombardi, würde er hier nicht die Schuld bei sich und seinem Team suchen. „Wir haben nicht den Willen an den Tag gelegt, der uns zuvor ausgezeichnet hat“, wird er im Buch von David Maraniss zitiert. Auch in einem NFL Film zum „Ice Bowl 1967“ berichtete Bart Starr, dass die absolute Hingabe zum Threepeat in diesem Jahr gefehlt habe.

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Der Threepeat

Zur Saison 1964 wechselte Center Jim Ringo zu den Eagles, während die Packers mit Rookie Ken Bowman auf dieser wichtigen Position agierten. Zwar gelang den Packers erneut eine gute Saison (8-5-1), doch am Ende landete man deutlich hinter den Baltimore Colts. Daher kann die Spielzeit 1964 als Übergang bezeichnet werden.

1965 griffen die Packers an, gewannen die ersten sechs Partien und lieferten sich ein Kopf an Kopf Duell mit den Colts. Mit dem letzten Angriff gelang den 49ers im letzten Spiel ein Unentschieden gegen die Packers und sowohl Green and Gold wie auch die Colts beendeten die Saison mit 10-3-1.  Da die heutigen Tiebreakerregeln noch nicht eingeführt waren, musste ein Entscheidungsspiel her. Dies gewannen die Packers mit 13:10 gegen Baltimore. Im Finale wartete dann der Vorjahresmeister, die Cleveland Browns. Hier gewannen die Packers dank einer richtig starken zweiten Halbzeit mit 23:12.

1966 ließen die Packers keinen Zweifel aufkommen, dass der Titel nur über sie führen würde. Zwar fehlte oft der ganz große Glanz und die große Power wie 1961 oder 1962, doch am Ende stellte das Lombardi-Team auf 12-2. Im Championship Game gegen die Cowboys wurde es hochdramatisch. Die Packers führten zu Beginn des letzten Viertels klar mit 34:20, aber die Cowboys kamen heran und konnten mit dem letzten Play ausgleichen. Doch unter starker Bedrängnis von Dave Robinson warf Cowboys-QB Don Meredith den Ball genau in die Arme von Tom Brown zum Sieg für Green Bay. Den folgenden Super Bowl mit dem Sieger der damals noch konkurrierenden AFL, den Kansas City Chiefs, gewannen die Packers klar mit 35:10.

1967 war ein kleiner Umbruch zu verzeichnen. Sowohl Paul Hornung wie auch Jim Taylor verließen den Club und ein neues Runningback-Duo durfte ran. Zwei Spieltage vor Schluss sicherten sich die Packers den Sieg in der neuen NFL Central (heute gleichbedeutend mit der NFC North). Und hatten dann Glück, denn in jetzt auf drei Spiele ausgedehnten Playoffs mussten zweimal Teams aus dem Süden in die Kältekammer Wisconsin. Und so wurden erste die LA Rams mit 28:7 besiegt, ehe eine Woche später die Dallas Cowboys im „Ice Bowl“ den kürzen zogen. In Super Bowl II wurden die Chiefs erneut klar besiegt.

1967 und seine Folgen

Was sich mit dem Abgang von Taylor und Hornung andeutete, sollte im Laufe des Jahres 1967 und 1968 Gewissheit werden. Die Packers waren in die Jahre gekommen. Der Großteil der Stützen war teils deutlich in den 30ern, die neun Jahre Vollgas-Football hatten ihre Spuren hinterlassen. Auch bei Lombardi waren die Spuren ersichtlich, zumal sich die NFL immer mehr zu einem Wirtschaftsunternehmen wandelte. Daraus folgte, dass Lombardi seinen Headcoach-Posten zur Verfügung stellte und Phil Bengtsson, sein langjähriger Assistent das Zepter übernahm.

Dieser Wechsel war nicht von Erfolg gekrönt, die Packers legten die erste Losing-Season seit 1958 hin. Auch Lombardi war unzufrieden, aber mehr mit der Tatsache, dass er „nur“ noch GM der Packers war. Fast genau ein Jahr nach seinem Rücktritt bei den Packers unterschrieb er einen Vertrag als Headcoach den Redskins und die Packers verschwanden endgültig in der sportlichen Bedeutungslosigkeit – zumindest für die nächsten 25 Jahre.

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Was bleibt aus der Lombardi-Ära?

Neun Saisons trainierte Vince Lombardi die Packers und machte aus dem abgestürzten Traditionsteam den Rekordmeister. Dazu zeigte er, dass die NFL sportlich und finanziell die Messlatte für alle Football-Teams war. Wer weiß, wie es gelaufen wäre, hätten die Packers nicht Super Bowl I und II gewonnen.

Aber fast noch größer war Lombardis Vermächtnis abseits des Feldes. Die Kultur, Spiele zu gewinnen, brachte er nach Green Bay zurück und ist damit der Erschaffer von Titletown. Gleichzeitig sorgte er dafür, dass die Packers in der Gegenwart ankamen. Die finanziellen Sorgen waren am Ende der Ära kaum noch vorhanden, in Sachen Infrastruktur war Green Bay sogar das Maß der Dinge. Ein Rasenheizung, ein Kunstrasenfeld, moderne Trainingsmöglichkeiten – alles dies war in der NFL damals selten und wurde von Lombardi erschaffen.

Auch wichtig: Lombardi brachte die Packers dem Publikum wieder näher. Hatte die Leidenschaft der Cheeseheads in den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg durchaus gelitten, so ist sie seit den 1960er Jahren ungebrochen. Und wurde oft von Generation zu Generation weitergegeben. Am Deutlichsten macht sich dies an den Zuschauerzahlen bemerkbar. Seit 1960 war jedes Heimspiel, egal ob im Lambeau-Field oder in Milwaukee, ausverkauft. Auch dies ist ein Vermächtnis von Coach Lombardi.

Die letzten beiden Lebensjahre und auch ein wenig den Charakter von Coach Lombardi wollen wir dann im dritten Teil unseres Portraits beleuchten.

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