Vince Lombardi: Der Mann, der Titletown erschuf

Der Sport hat viele prägende Figuren und der American Football ebenso. Es gab und gibt Spieler, die eine Ära prägten. Peyton Manning, Tom Brady, Aaron Rodgers, Roger Staubach, Don Hutson oder Walter Payton sind nur einige davon. Es gibt auch Coaches und Funktionäre, die ihre Teams prägten. George Halas, Curly Lambeau oder Steve Owen seien da stellvertretend genannt. Doch für viele, gerade für die Packers und ihre Fans, schwebt ein Name über allem. Nach ihm wurde die wichtigste Trophäe im Football benannt. Er ist der Erschaffer von Titletown. Er ist auch 50 Jahre nach seinem Tod eine Legende. Sein Name: Vince Lombardi! Wir versuchen uns an einem Porträt dieses Mannes.

Die frühen Jahre

Vincent Thomas Lombardi wurde am 11. Juni 1913 in Brooklyn geboren und war Teil der italienisch-stämmigen Community in Sheepshead Bay, einer Teil von South Brooklyn. Er war die dritte Generation der Lombardis. Sein Vater Enrico „Harry“ Lombardi war Fleischer und hatte im sogenannten Meatpacking District von New York sein eigenes Geschäft. So kamen die Lombardis gut über die Runden und überstanden auch die Weltwirtschaftskrise ab 1929 wirtschaftlich unbeschadet.

Klein Vince erlebte grundsätzlich eine unbeschwerte Kindheit. Zwar half er früh im elterlichen Betrieb mit und war immer wieder den Anfeindungen und der Diskriminierungen aufgrund seiner Herkunft ausgesetzt. Doch insgesamt durchlebte Lombardi eine glückliche Kindheit, geprägt vom katholischen Glauben. Mit 15 gelang ihm der Schulabschluss und im Anschluss schrieb er sich an einer Vorbereitungsschule ein, um später Priester zu werde. Hier entdeckte er den Football für sich. Nach zwei Jahren entschied sich Vince Lombardi um und wollte kein Priester mehr werden.

Er wechselte an die St. Francis Preparatory, eine private, katholische Hochschule in Queens. Hier glänzte er als Fullback der Highschool-Mannschaft und wurde 1933 ein stadtbekannter Spieler.

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Seven Block of Granite

1933 gelang es Lombardi ein Stipendium für die Fordham University zu ergattern, einer von Jesuiten geführten Universität. Bei den Rams tat sich der nur 1,72 und 82kg schwere als aggressiver aber spielintelligenter Fullback hervor, wurde aber danach zum Tackle umgeschult. Unter Headcoach Jim Crowley, einer Spielerlegende von Notre Dame aus den 1920er Jahren, wurde Fordham zu einem echten Schwergewicht im College Football.

Kernstück der Offensive war die O-Line, von einem Lokalreporter „Seven Block of Granite“ genannt. Diese sieben Blöcke Granit mit Lombardi, dem späteren Packer Harry Jacunski (Mitglied der GBP Hall of Fame), dem späteren Pro Football Hall of Famer Alex Wojciechowicz (Lions, Eagles) sowie vier weiteren Spielern war die O-Line des Jahres 1936. Erst eine Niederlage im letzten Spiel ließ das Team in den NCAA Rankings abstürzen.

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Fun Fact: alle sieben Mitglieder der Seven Block of Granite hatten später sportlich und/oder beruflich sehr großen Erfolg. Und übrigens: bekanntester Spieler von Fordham dürfte aktuell Chase Edmonds von den Arizona Cardinals sein.

Nach dem College und im Krieg

Mitten in der Weltwirtschaftskrise machte Lombardi seinen Abschluss. Ohne Job, ohne eigenen Antrieb versuchte sich der mittlerweile 25-Jährige als Spieler in der American Association und verdingte sich als Geldeintreiber. Beides war weder erfolgreich noch zielführend. So schrieb sich Lombardi noch einmal für ein Jura-Studium ein. Doch nach nur einem Jahr schmiss er dieses hin. Warum, ist nicht sicher. Einerseits führte Lombardi zu schwache Noten an, andererseits den Wunsch, eine Familie zu gründen.

Denn 1939 wollte er seine Freundin, Marie Planitz, heiraten, doch sein Schwiegervater in Spe machte zur Bedingung, dass er einen festen Job fand. Dank eines ehemaligen Teamkollegen aus Fordham, Andy Palau, wurde Vince Lombardi mit 26 Jahren Assistant Coach und Lehrer an der St. Cecilia High School in New Jersey. So konnte er seine Marie heiraten und bekam mit ihr zwei Kinder.

Während des Krieges musste Lombardi nicht dienen. Zunächst, weil er verheiratet war, dann weil er Kinder hatte und schließlich wurde er im Musterungsgrad noch einmal herab gestuft, weil er extrem kurzsichtig war. So blieb er bis 1947 bei St. Cecilia, erst als Lehrer und Assistant Coach, ab 1942 als Headcoach des Footballteams und machte sich mit sechs lokalen Meisterschaftstiteln durchaus einen Namen im Football von New Jersey und New York.

Als Assistant Coach am College

Gute Kontakte machen sich bezahlt und so ging es für Vince Lombardi 1947 zurück an seine Alma Mata. Er wurde Assistant Coach an der Fordham University. Zunächst zeichnete er sich für die Freshman beim Football und Basketball verantwortlich, 1948 wurde er dann unter dem ehemaligen Giants-Quarterback Ed Danowski (zweimaliger NFL Champion) der wichtigste Assistent. Viele Beobachter sahen in Lombardi den wirklichen Headcoach, was selbiger aber verneinte: „Ed war der Chef. Aber ich durfte viel probieren und er hat mich gelassen. Wenn es aber nicht passte oder es im Spiel nicht lief, hat der Headcoach das Sagen gehabt.“

Nach der Saison 1948 folgte Lombardi dann aber dem Ruf nach West Point. Unter dem schon damals legendären Headcoach Earl „Colonel Red“ Blaik reifte der nun 35-Jährige weiter. Die Saisons 1949 und 1950 waren erfolgreich, die Army gewann 17 von 18 Partien. Die Cadets beendeten die Spielzeiten auf Rang vier und zwei College Rankings. Eine Zäsur erlebte das Team 1951: 43 (!) von 45 Teammitgliedern der Cadets wurde in West Point raus geworfen, so dass die Spielzeiten 1951 und 1952 nicht erfolgreich waren. Zur Saison 1953 verlor Army zwar weitere Spieler aufgrund fehlender akademischer Leistungen, mit einem 7-1-1 Record tauchte das Team von Blaik und Lombardi dennoch wieder im College Ranking auf.

Der Lombardi-Biograf David Maraniss schreibt in seiner viel beachteten Biographie „When Pride Still Mattered, A Life of Vince Lombardi“, dass die Jahre in West Point ungemein lehrreich für Lombardi waren. Die ihm, durch die katholische Erziehung, gegebene Disziplin habe Lombardi mit der militärischen Disziplin von West Point und Coach Blaik kombiniert und war sinnbildlich für seinen späteren Coaching Stil. Auch den Schwerpunkt von „Colonel Red“, die Execution (Ausführung), übernahm Lombardi für seine Art des Coaching. Insgesamt betrachtet Maraniss die Zeit in West Point als prägender als seine spätere Zeit in New York.

Offensive Coordinator bei den Giants

1954 gelang Vincent Lombardi der Sprung in die NFL. Auf Empfehlung von Blaik nahmen ihn die Giants unter ihrem neuen Headcoach Jim Lee Howell unter Vertrag. Gemeinsam mit Tom Landry, welcher als Spieler ein All-Pro war und später bei den Cowboys zu einer absoluten Trainerlegende werden sollte, hauchte er den Giants neues Leben ein. In den Jahren zuvor mussten die stolzen New Yorker regelmäßig der Konkurrenz den Vortritt lassen.

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Lombardi und Landry waren die Assistenten von Howell und übernahmen die Jobs, welche man heute als Offensive bzw. Defensive Coordinator beschreibt. Howell selbst erkannte die Talente seiner, formal, Untergebenen und gab ihnen größtmögliche Freiheiten. Diese kommentierte er humorvoll: „Meine Hauptfunktion ist, zu prüfen und sicherzustellen, dass in den Bällen genug Luft enthalten ist.“

Sportlich war diese Gemengelage erfolgreich. Aus einer 3-9 Saison 1953 machten die Giants 1954 eine Winning-Season (7-5). Nach einem kleinen Rückschlag 1955 (6-5-1) gelang New York 1956 der große Wurf. Nach einer 8-3-1-Saison überrollte die Lombardi-Offense im Championship Game die Chicago Bears mit 47:7. Die Giants holten damit den ersten Titel nach 18 Jahren und den letzten für die kommenden 30. Nach einer mauen 1957er Saison gelang den Giants 1959 erneut der Sprung ins Finale. Dort unterlagen sie aber den Colts mit 17:23.

In dieser Zeit führte Lombardi das Rule oder Zone Blocking in der NFL ein. War es vorher üblich, dass jedem Offensive Lineman ein bestimmter Gegenspieler zugeteilt war. Nun wurde ein Bereich an der Line of Scrimmage geblockt, was in der Offensive mehr „Löcher“ und mehr Flexibilität ermöglichte. Lombardi nannte dies „running to daylight“. Heute ist das Zone blocking NFL-standard.

Becoming a headcoach

Unmittelbar nach seinem ersten Titel begann Lombardi, sich für Jobs als Headcoach zu bewerben. Doch trotz guter Empfehlungsschreiben von Howell und den Giants, bekam aber oftmals nicht mal eine Antwort von den Colleges.

Bekannt ist, dass er sich bei Wake Forest und Notre Dame bewarb. Lombardi selbst führte die Ablehnung auf seine italienischen Wurzeln zurück und die Vorbehalte, gegenüber seine Herkunft und Religion.

Doch 1959 war es dann soweit: die Green Bay Packers klopften an und Lombardi sagte zu. Trotz einer talentierten Mannschaft (acht Spieler des Kaders kamen später in die Hall of Fame) gab es 1958 einen 1-10-1-Rekord. Dazu hing die Franchise, mal wieder, finanziell am seidenen Faden und nicht wenige befürchteten, dass eine Pleite der Packers einen Domino-Effekt in der NFL haben würde.

Lombardi bekam das Angebot, Green and Gold zu übernehmen und verlangte als GM und Headcoach in Personalunion die volle Kontrolle über alles, was die Packers in Sachen Football angeht. „I want it understood that I am in complete command here“ – so das wohl langläufigste Zitat zur Situation im Januar 1959.

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Am 2. Februar 1959 unterschrieb Lombardi seinen Vertrag in Green Bay. Der Rest ist Geschichte und wohl bekannt. In Teil zwei blicken wir ausführlich auf die Zeit des Coaches bei den Packers.

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